„Der Schock saß tief, als ich die Diagnose hörte: Ein Loch in der Netzhaut sowie der graue Star bedrohten plötzlich mein Sehvermögen und mussten operativ behandelt werden. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich jedoch noch nicht, dass dieser Eingriff erst der Anfang eines sechs Jahre andauernden Albtraums sein sollte. Nach der OP litt ich unter einer starken Licht- und Blendempfindlichkeit, die eine Teilnahme am alltäglichen Leben kaum mehr möglich machte. An manchen Tagen konnte ich fast nichts mehr sehen. Die Symptome haben mich sowohl bei der Arbeit im Büro als auch bei der Ausübung meiner Hobbys stark beeinträchtigt. Alle Tätigkeiten wurden durch die Blendempfindlichkeit sehr, sehr anstrengend.“
Eigentlich hatte sich Andrea Lindenfelser mit ihrer Sehschwäche gut arrangiert. Über Jahrzehnte setzte sie auf Kontaktlinsen, um ihre Kurzsichtigkeit im Alltag zu korrigieren. Dabei war der Weg zur klaren Sicht äußerst steinig: Da ihre beiden Augen unterschiedlich starke Fehlsichtigkeiten (rechts: -5,75 Dioptrien; links: -2,5 Dioptrien) aufwiesen, konnte die Bruchsalerin nicht räumlich Sehen. Diese sogenannte Anisometropie war derart kräftig ausgeprägt, dass sie sich durch eine Brille nicht beheben ließ.
Nur die Kontaktlinsen konnten Linderung verschaffen – zumindest solange, bis sich plötzlich ein schwarzer Fleck vor ihrem rechten Auge auftat. „Am nächsten Tag bin ich sofort zum Augenarzt gegangen, der ein Loch in der Netzhaut diagnostizierte“, berichtet Lindenfelser.
Netzhautablösung und grauer Star bedrohen Sehkraft
Rund vier Wochen später sollte das Loch schließlich bei einer Operation geschlossen werden. Zu diesem Zeitpunkt verfügte sie auf dem betroffenen Auge nur noch über ein Sehvermögen von 20 Prozent. Zudem teilte ihr der Arzt mit, dass die natürliche Augenlinse trüb sei. Diese müsse aufgrund des grauen Stars in einem zweiten Schritt entfernt und durch eine Kunstlinse ersetzt werden. Außerdem wurde bei dieser Operation die Sehkraft des rechten Auges der des linken Auges angeglichen. Somit betrug die Sehstärke rechts anschließend -2,75 Dioptrien.
Starke Beeinträchtigungen durch Blendempfindlichkeit
„Nach der Operation stellte sich eine extrem starke Licht- und Blendempfindlichkeit ein, die mich im Alltag enorm beeinträchtigt hat. Das hat mich fast wahnsinnig gemacht“, beschreibt die passionierte Hobbymalerin. „Gewöhnliches Tageslicht nahm ich als sehr grell wahr, sodass ich an manchen Tagen kaum noch etwas sehen konnte.“ Die starke Blendung führte zu einer Migräne, die eine normale Teilnahme am sozialen und beruflichen Leben fast unmöglich machte. „Abends war es besonders schlimm: Wegen des künstlichen Lichts hätte ich am liebsten Augenklappen angelegt, weil ich die Lichtstrahlen einfach nicht mehr ertragen habe.“ Beim Autofahren sah sie die Rücklichter der anderen Fahrzeuge doppelt; Straßenschilder konnte sie nicht mehr lesen. Daher vermied sie es zunehmend, aus dem Haus zu gehen oder in der Freizeit Veranstaltungen zu besuchen.
Im Berufsalltag bereitete ihr die Lichtempfindlichkeit ebenfalls große Probleme, da ein Computer zu ihren wichtigsten Arbeitsinstrumenten zählte: „Am Bildschirm konnte ich Mails und digitale Dokumente wie Verträge oder Tabellen kaum noch lesen. Ich musste fast alles ausdrucken.“ Auch das Licht im Büro trug zur Verschlechterung der Situation bei, sodass die Erledigung der Aufgaben an manchen Tagen nur nach Abdunkelung der Räume möglich war.
Somit stellte die Licht- und Blendempfindlichkeit eine erhebliche Beeinträchtigung im Alltag dar und führte dazu, dass die Arbeit mit großer Anstrengung verbunden war. „Wenn ich nach Hause gekommen bin, war ich total k. o. Dann wollte ich mich einfach nur noch hinlegen, die Augen zumachen und nichts mehr sehen.“
Diagnose: Grauer Star
Andrea Lindenfelser probierte unterschiedlichste Lösungsansätze wie Augentropfen gegen die Blendempfindlichkeit und spezielle Kontaktlinsen aus. Ohne langfristigen Erfolg. Nach sechs leidvollen Jahren empfahl ihr ein Bekannter, die Charlottenklinik für Augenheilkunde in Stuttgart aufzusuchen. „Frau Lindenfelser kam bei ihrem ersten Besuch mit der Frage nach der generellen Verbesserung ihrer Sehstörungen zu uns“, erklärt Chefarzt Prof. Dr. Gangolf Sauder. „Sie klagte über zunehmende Sehminderung am linken Auge, die hervorgerufen wurde durch die Ausbildung eines grauen Stars.“ Ihr Wunsch sei es gewesen, im Rahmen der Operation am grauen Star Brille und Kontaktlinsen loszuwerden – und zwar am besten beim Sehen in der Nähe und in der Ferne.
Bei einer Katarakterkrankung werden in der Regel sogenannte Monofokallinsen eingesetzt. Diese Einstärkenlinsen sorgen aber lediglich in einem bestimmten Abstand für gute Sicht. Der Patient sieht dann entweder in der Nähe liegende oder weit entfernte Objekte scharf und benötigt für einen der beiden Bereiche nach wie vor eine Sehhilfe. Im Gegensatz dazu verfügt die sogenannte Multifokallinse über mehrere optische Zonen und ermöglicht – ähnlich wie eine Gleitsichtbrille – gutes Sehen in der Nähe, in der Ferne sowie im Zwischenbereich.
Multifokallinse korrigiert Sehfehler
Im Fall von Andrea Lindenfelser war die Wahl der richtigen Intraokularlinse jedoch nicht einfach: „Die besondere Schwierigkeit in diesem Fall ist vielschichtig: Zunächst sind Patienten, die leicht kurzsichtig auf beiden Augen sind, nicht die idealen Kandidaten für Multifokal- oder Intraokularlinsen. Normalerweise vergleichen sie immer die Lesequalität mit Kunstlinse mit der Lesequalität, die sie vorher ohne Brille in der Nähe hatten und die ist normalerweise nicht zu toppen“, erläutert Prof. Sauder. „Darüber hinaus ist Frau Lindenfelser am rechten Auge bereits kataraktoperiert und hat hier eine fest eingebaute Kunstlinse, die auf eine leichte Kurzsichtigkeit eingestellt ist und sich somit nicht zur Fernsicht ohne Brille eignet.“
Zunächst führte Prof. Sauder am linken Auge von Andrea Lindenfelser einen Linsentausch durch und implantierte eine Multifokallinse: „Die Patientin konnte bereits einige Tage danach in Nähe und Ferne ohne Korrektur hervorragend sehen und war mit dem Ergebnis subjektiv so zufrieden“, berichtet der Chefarzt. „Im zweiten Schritt haben wir dann unter Belassung der bereits vorhandenen Kunstlinse eine Zweitlinse, eine sogenannte AddOn-Linse, in das rechte Auge implantiert. Diese ist ebenfalls multifokal, korrigiert aber in einem Schritt auch die Fernsicht von -2,0 auf 0 Dioptrien, sodass auch hier bereits unmittelbar nach der Operation ein brillenloses Sehen in Ferne und Nähe möglich war.“
Die AddOn Linse, die vor die bereits vorhandene Linse platziert wird, ist kompatibel mit allen gängigen Intraokularlinsen und erweitert die Sehkraft auf mehrere Distanzen. Dabei verläuft die Implantation ähnlich wie die Operation am grauen Star. Aufgrund eines patentierten Designs und eines standardisierten Verfahrens handelt es sich um einen sehr sicheren Eingriff.
Aus medizinischer Sicht hochzufrieden
„Wir haben uns für multifokale (trifokale) Linsen entschieden, weil sie nahezu stufenlos zwischen Nähe und Ferne ein Lesen und Sehen mit höchstmöglicher Brillenunabhängigkeit ermöglichen. Die AddOn-Linse rechts ist eine Zusatzlinse, mit der man bereits am grauen Star operierte Patienten gewissermaßen mit einer Multifokalität ‚nachrüsten‘ kann und das sogar einige Jahre nach der ersten Operation“, so Prof. Sauder weiter. „Ich bin aus medizinischer Sicht mit dem Ergebnis hochzufrieden. Viel wichtiger ist allerdings, dass die Patientin mit dem Ergebnis zufrieden ist.“
Und genau dieses Ziel konnte erreicht werden. Andrea Lindenfelser zeigt sich begeistert vom Ergebnis: „Es war einfach verblüffend: Ich kam aus der Augenklinik und konnte auf einmal alles hervorragend sehen, ohne geblendet zu werden“, berichtet die 55-Jährige überglücklich.
Vor dem Eingriff habe sie ein Beruhigungsmittel erhalten, das sie in einen Dämmerschlaf versetzte. „Das Auge wird mit Augentropfen betäubt. Man spürt, dass etwas am Auge gemacht wird, aber ich habe es nicht als unangenehm empfunden und es hat auch keinerlei Schmerzen verursacht.“ Der Eingriff dauert nur circa 20 Minuten. „Nach der OP spürte ich keine Nachwirkungen und das Auge sah ganz normal aus, als wäre nie etwas passiert. Es war nicht mal rot.“ Auch der zweite Eingriff verlief völlig problemlos.
Am gleichen Abend habe sie bereits ganz klare Sicht gehabt. „Das Ergebnis ist super: Ich kann jetzt auf beiden Augen wieder in allen Entfernungen bestens sehen – und zwar ohne Brille oder Kontaktlinsen“, verrät Andrea Lindenfelser. Das räumliche Sehen sei zurückgekehrt und die hohe Blendempfindlichkeit verschwunden. „Ich kann nun wieder problemlos arbeiten und habe in der Freizeit wieder Lust, etwas zu unternehmen. Vor allem kann ich endlich wieder malen; das habe ich so lange schmerzlich vermisst.“
Schon wenige Tage nach der OP unterzog sie ihre neuen Linsen einem Test und fuhr ins Eishockeystadion: „In den vergangenen Jahren war ein Besuch wegen der hellen Scheinwerfer nicht möglich. Doch jetzt gab es keine Probleme mehr. Ich wurde nicht geblendet und konnte alles sehen. Mein Fazit: Härtetest bestanden!“
Enorme Verbesserung der Lebensqualität
Heute frage sie sich, warum ihr bei der ersten OP vor sechs Jahren keine Multifokallinsen empfohlen wurden. „Ich bin mir sicher, dass sich mehr Menschen für diese Linsenart entscheiden würden, wenn sie wüssten, dass dadurch ein brillenfreies Leben möglich ist“, ist Andrea Lindenfelser überzeugt.
„Es ist einfach eine enorme Verbesserung der Lebensqualität. Unter anderem entfällt der mit den Kontaktlinsen verbundene hohe Pflegeaufwand“, fasst Lindenfelser zusammen. Heute müsse sie sich darüber keine Gedanken mehr machen. „Am besten ist aber die absolut klare Sicht. Es ist einfach herrlich, wenn man nach so langer Zeit wieder perfekt sehen kann.“