Rüdiger Dworschak: Am Menschen orientiert

Medizintechnik muss sich am Menschen orientieren – das ist das Leitmotiv von Rüdiger Dworschak. Trotz regulatorischer Herausforderungen und steigender Anforderungen entwickelt er Produkte, die darauf abzielen, den Menschen ein optimales Sehvermögen und damit eine verbesserte Lebensqualität zu bieten.


Medizintechnik muss sich am Menschen orientieren – das ist das Leitmotiv von Rüdiger Dworschak. Trotz regulatorischer Herausforderungen und steigender Anforderungen entwickelt er Produkte, die darauf abzielen, den Menschen ein optimales Sehvermögen und damit eine verbesserte Lebensqualität zu bieten.

„Ich bin absolut brillenfrei. Ich bin mein eigenes Testimonial“, sagt Rüdiger Dworschak. Der Gründer und Geschäftsführer des Kunstlinsenherstellers 1stQ trägt seit vier Jahren seine eigene Entwicklung: ein Zweilinsensystem, das seine Altersfehlsichtigkeit korrigiert und ihm ermöglicht, sowohl in der Ferne als auch in der Nähe ohne Brille scharf zu sehen. Für ihn bedeutet dies eine erhebliche Verbesserung der Lebensqualität: „Nach der OP habe ich gesagt, dass ich einen Fehler gemacht habe: Ich hätte mich schon viel früher für den Eingriff entscheiden sollen.“

Der Wille zur Veränderung ist es, der Dworschak antreibt – nicht nur, wenn es um sein eigenes Sehen geht, sondern auch um das vieler Patient:innen. Und die stehen bei seiner Arbeit stets im Mittelpunkt. Denn neben der Technologie, die hinter seiner Innovation steckt, zählen für ihn vor allem die Menschen, die damit behandelt werden. „Wenn ich einen Motor entwickle, der einfach schneller laufen soll, kann ich mich voll auf die Technik konzentrieren. Alles andere ist Nebensache. In der Medizintechnik dagegen“, so betont der Diplom-Ingenieur, „kann ich meine Idee gleich vergessen, wenn ich nicht an den Menschen denke.“

Vom Basisprodukt zur Individualisierung

Es ist die Verbindung von Mensch und Technik, die Dworschak besonders fasziniert und die ihn dazu bewogen hat, von der Druckindustrie in die Medizintechnik zu wechseln. In den späten 90er Jahren gründete er sein eigenes Unternehmen. Dieses wurde später zu 1stQ, einem weltweit agierenden Hersteller von Intraokularlinsen mit Sitz in Mannheim.

Die Intraokularlinse (IOL) ist eine langlebige Kunstlinse, die das Sehvermögen erhalten oder sogar vor Erblindung schützen kann. Sie ersetzt die natürliche Linse und ist eine dauerhafte Lösung zur Behandlung des Grauen Stars (Katarakt). Der Graue Star ist eine Augenerkrankung, bei der sich die Augenlinse eintrübt und besonders bei älteren Menschen zu einem raschen Verlust der Sehkraft führt. IOLs sind hier die Standardlösung und mit über einer Million Eingriffen pro Jahr die häufigste Operationsart in Deutschland.

Mit 1stQ gehen Dworschak und sein Team noch einen Schritt weiter: Sie wollen nicht nur Standardlösungen anbieten, sondern auch innovative Linsenlösungen entwickeln, die individuell auf die Bedürfnisse der Patient:innen abgestimmt sind – beispielsweise bei seltenen Sehproblemen.

Steigende Patienten-Ansprüche erfordern Innovation.


Immer wieder sind neue Konzepte gefragt, insbesondere da die Ansprüche der Patient:innen in den letzten Jahren deutlich gestiegen sind, wie Dworschak erklärt: „Früher waren die Menschen zufrieden, wenn die trübe Linse entfernt wurde, eine klare Linse implantiert wurde und sie mit einer Brille wieder gut sehen konnten.“ Heute streben die Menschen danach, ganz ohne Brille auszukommen. „Dafür müssen die Verfahren besser und die Linsen präziser werden.“

Dworschak ist überzeugt: Innovation und Fortschritt hängen eng mit dem Drang zusammen, die eigenen Produkte ständig verbessern zu wollen. „Es braucht die konstruktive Unzufriedenheit.“ Er bezeichnet dies als „Los des Forschenden“: Man kommt einfach nie an ein Ende. Doch genau das motiviert den Firmengründer. Während Dworschak über seine Forschung spricht, wird deutlich: Die Medizintechnik ist ein vielschichtiges Feld, das von einer Vielzahl von Akteur:innen beeinflusst wird. Durch die Zusammenarbeit von Forschungseinrichtungen, Zulassungsbehörden und medizinischen Fachkräften können innovative Technologien entwickelt werden, die die Versorgung verbessern. Dworschak ist sich sicher: „Ohne Vernetzung geht es nicht. Egal, in welche Richtung.“ Nicht zuletzt durch die Digitalisierung sei es möglich, Produkte zu entwickeln, die individuell auf Patient:innen zugeschnitten sind.

Forschung vor Regulierungsfrust

Dennoch äußert Dworschak Besorgnis, wenn er über die strengen Zulassungsanforderungen für Medizinprodukte spricht. Diese seien zwar notwendig, um die Sicherheit und Qualität solcher Produkte zu gewährleisten. Sie könnten sich aber auch als Hemmschuh für die Entwicklung neuer Innovationen erweisen, wenn die regulatorische Schraube überdreht wird.

Der Firmengründer gibt zu bedenken: „Unsere größte Herausforderung ist nicht die Technologie, sondern die Regulierung. Wenn wir heute mit unserem Produkt fertig sind, dauert es wegen der Auflagen drei bis fünf Jahre, bis wir auf den Markt kommen. Das ist ein absolutes Unding.“ Gerade kleinere Unternehmen, die vielleicht nicht die Ressourcen haben, die Anforderungen der Regularien zu erfüllen, könnten dadurch benachteiligt werden. „Ich überlege mir heute wirklich dreimal, ob ich etwas Neues entwickle.“ Durch mehr Freiheit ließen sich die Entwicklung und Produktion medizintechnischer Innovationen deutlich steigern.

Wer mit Dworschak spricht, merkt, dass er und sein Team sich trotz strenger Vorschriften keineswegs demotivieren lassen. „Wir beißen die Zähne zusammen und versuchen natürlich trotzdem, die bestmöglichen Produkte zu entwickeln, weiter zu verbessern und den höchsten Standard zu gewährleisten.“ Letztendlich ist es die Unzufriedenheit, die Dworschak immer wieder dazu antreibt, neue Türen zu öffnen und wegweisende Produkte auf den Markt zu bringen.

(Quelle: Medtech-Germany – Einblicke in Forschung & Entwicklung)

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